Die PrEP ist seit einem Jahr Kassenleistung – rückblickend darauf: Wie hoch ist die Nachfrage nach der PrEP?
Franz Audebert: Bei uns in der Praxis versorgen wir aktuell ca. 250 Klienten, Tendenz weiter steigend.
Über 30 Jahre lang war die einzig propagierte SaferSex-Methode das Kondom. Mit der PrEP und Schutz durch Therapie (TasP) sind zwei weitere SaferSex-Methoden hinzugekommen.
Wie sicher ist die PrEP bzw. Schutz durch Therapie im Vergleich zum Kondom (um eine Ansteckung mit dem HI-Virus zu verhindern)?
Franz Audebert: Es gilt in der Zwischenzeit als bewiesen, dass unter einer funktionierenden HIV-Therapie mit nicht nachweisbarer Viruslast bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr für den Partner kein Risiko besteht, sich mit HIV zu infizieren (u=u, d.h. undetectable = untransmittable).
Für die PrEP gilt wie immer 100% gibt es nicht, aber bei korrekter Anwendung ist die Schutzwirkung exzellent und besser als bei Kondomgebrauch.
Ergebnisse der PROUD bzw. IPERGAY Studie sprechen von einer Schutzwirkung von rund 85 Prozent. Andererseits hört man die PrEP schützt nahezu 99% von einer Infektion mit dem HI-Virus. Was stimmt denn nun?
Franz Audebert: Das Problem ist die korrekte Einnahme und auch Infektionen während des Einschlusses in die Studie.
Die PrEP kann sowohl „on-demand“ also anlassbezogen als auch dauerhaft eingenommen werden. Wann ist welches Einnahmeschema zu empfehlen?
Franz Audebert: Die europäische Zulassung für die PrEP besteht nur für die dauerhafte Einnahme und wird von den meisten Klienten bevorzugt, da sie auch mehr Spontanität im Sexualleben zulässt. Eine Anlass-bezogene Einnahme wäre z.B. für Menschen möglich die für ein „Sex-Wochenende“ nach Berlin fahren, sonst aber nicht „at risk“ sind.
Aber es gibt Einzelfälle in denen es unter der Einnahme der PrEP dennoch zu einer HIV-Infektion gekommen ist?
Franz Audebert: Ja, z.B. auch mit resistenten Viren, bei denen die Wirkstoffe der PrEP nicht mehr wirken. Allerdings ist das in Deutschland ein absolute Rarität.
Viele Infektionen mit Geschlechtskrankheiten bleiben lange unentdeckt – weil symptomlos und weil nicht darauf getestet wurde. Würden Sie der Aussage zustimmen, dass PrEP Nutzer aufgrund der vierteljährlichen/halbjährlichen Testfrequenz verantwortungsvoller sind?
Franz Audebert: Ich würde es mal so formulieren, durch die regelmäßigen Tests ist es möglich viele sexuell übertragene Infektionen (STIs) früh zu diagnostizieren und zu therapieren und somit die Möglichkeit zu schaffen langfristig die Infektionszahlen zu senken.
In der Community wird oft der Vorwurf laut, dass die PrEP-Nutzer wegen dem Verzicht auf das Kondom Schuld an steigenden STI-Infektionszahlen sind. Wie schätzen Sie diesen Vorwurf ein – ist dieser berechtigt?
Franz Audebert: Der Vorwurf ist aus mehreren Gründen nicht richtig:
- HIV ist auch eine STI und eine Ansteckung wird mit der PrEP erfolgreich verhindert.
- In Deutschland ist in den letzten Jahren laut Robert-Koch-Insitut kein relevanter Anstieg der Syphilis-Zahlen festzustellen. Für andere STIs gibt es keine Meldepflicht, also auch keine validen Zahlen.
- Ein leichter Anstieg wäre auch damit zu erklären dass einfach viel mehr getestet wird und es daher logischerweise zu einer Zunahme der Diagnosen kommt aber ob die Anzahl der Infektionen zunimmt, lässt sich daraus nicht ableiten.
Multiresistente Tripperstämme und Hepatitis C – wie hoch ist die Gefahr bei uns in der Oberpfalz bzw. in Deutschland einzuschätzen?
Franz Audebert: Multiresistente Tripperstämme sind in Europa eine absolute Seltenheit, in Süd-Ost-Asien sollte man aber schon eher aufpassen. Für die neuen Hepatitis-C-Medikamente spielt die Resistenzsituation keine klinische Rolle.
Ist eine Heilung beider Infektionen dennoch möglich?
Franz Audebert: Ja.